Mit der Kette zum FachmannSie brachte also die Kette zum Juwelier ihres Ortes, dieser sollte ihr sagen, ob diese überhaupt etwas wert wäre. Der Juwelier verzog erst mal keine Miene, als sie ihm die Kette überreichte, sondern drehte ihr den Rücken zu, als er sie untersuchte. Leider hatte er keine guten Neuigkeiten. Das meiste an dieser Kette war nur Glas und billiges Metall. Die schönen Steine waren nicht echt. Allerdings gab es noch einen größeren Stein, der nicht gefälscht war. Da es mehrere Steine waren, fiel Anna die Entscheidung jetzt sehr leicht. Sie beschloss, die Kette mit den falschen Steinen zu behalten, aber den echten Diamanten, der ja wertvoll war, dem Juwelier zu überlassen. So konnte sie die Kette, ihr Erbstück behalten und trotzdem zu Geld kommen, um das lieblose Zuhause endlich zu verlassen. Ihr Entschluss stand fest. Der Juwelier war damit einverstanden.

Das Geld reichte noch nicht ganzAls Anna hörte, wie viel ihr der Juwelier zahlen wollte, war sie sehr glücklich. Allerdings reichte diese Summe leider noch lange nicht, um woanders neu anfangen zu können. Also würde sie noch eine Weile Geld sparen müssen. Aber wie? Sie hatte Glück. Der Juwelier bot ihr einen Job bei sich im Laden an, das war wirklich sehr hilfreich für ihre Pläne. Allerdings verschlechterte sich die Situation bei ihr daheim immer weiter. Die Stiefmutter schien sie regelrecht zu hassen, so schlimm ging sie mit ihr um. Eines Tages eskalierte die Situation. Sie saßen beim Abendbrot, als die Stiefmutter sie plötzlich anschrie und sie sogar schlug. Dieses Mal saß der Vater mit am Tisch. Anna war sich sicher, dass dieser ihr helfen würde, endlich bekam er mal mit, was hier wirklich lief, wenn er nicht da war. Aber zu ihrer großen Enttäuschung saß der Vater nur da und machte nichts. Gar nichts. An diesem Abend hatte Anna genug. Sie packte ihren Koffer und ging einfach. Da sie kein Obdach hatte, schlief sie im Park. Sie wollte nur noch weg. Am Morgen teilte sie dem Juwelier mit, dass sie fortgehen würde, nahm ihren Lohn von ihm und stieg in den nächstbesten Bus, der sie weit weg bringen sollte. Einfach nur weg, von diesem grauenhaften Ort.

Eine völlig neue GegendSie fuhr mehrere Tage, bis sie fast am Ende des Landes war. Sie war froh, so weit weg von ihrem alten Zuhause zu sein und beschloss, ihr neues Leben zu beginnen. Sie fand noch am selben Tag einen Job als Bedienung und hatte genug Geld durch ihren Job beim Juwelier gespart, um sich eine kleine Wohnung mieten zu können. Alles lief endlich richtig gut. Und in dem Restaurant, in dem sie kellnerte, war auch ein junger Mann, mit dem sie sich prächtig verstand. Thomas, so hieß der Koch, war lieb und gut zu ihr und es schien, als hätten sich hier zwei gefunden. Sie verstanden sich so gut, dass die beiden bereits nach wenigen Monaten in eine gemeinsame Wohnung zogen. Alles, was geschehen war, ihre lieblose Kindheit, die grausame Stiefmutter, schien hier für immer vergessen zu sein. Sie hatte ein gutes neues Leben mit Thomas und alles schien jetzt endlich gut zu werden. Nur eine einzige Kiste hatte sie von daheim mitgenommen und diese in ihrem neuen Zuhause tief im Keller versteckt. Sie wollte damit nichts mehr zu tun haben. Sie bekam Kinder mit Thomas und eines Tages zogen sie in ein Haus. Beim ausräumen der Wohnung und des Kellers stieß sie wieder auf diese alte Kiste.

Es waren bereits viele Jahre vergangenAls sie die Wohnung und den Keller ausräumte, war die ganze Geschichte daheim bereits über 27 Jahre her. Sie fühlte sich sicher genug, um in Ruhe diese alte Kiste zu öffnen. Als sie die Kiste damals aufmachte, sah sie als erstes die alte Kette ihrer Mutter. Noch immer war sie dankbar für dieses Geschenk, denn das war der Startschuss für ihr neues Leben gewesen. Sie beschloss, die Kette zu tragen und trug sie 25 Jahre lang. Und hier kommen wir wieder zum Beginn der Geschichte. Anna war jetzt 68 Jahre alt und sie war an diesem Tag einkaufen gewesen mit dem Fahrrad. Ein Auto schnitt ihr so stark den Weg ab, dass sie stürzte. Sie konnte zwar noch ausweichen, aber fiel hart auf den Boden. Kurze Zeit war sie sogar bewusstlos. Leute halfen ihr wieder auf und Anna sah sich verwirrt um. Was war nur passiert? Zum Glück war sie nicht wirklich verletzt, aber ihr Kopf dröhnte.